Die Baulärmprognose
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Wozu dient eine Baulärmprognose?
Eine Baulärmprognose ist ein schalltechnisches Berechnungsverfahren, um die Geräuschbelastung durch Baulärm in der Umgebung vorab zu ermitteln.
Hierbei ist es Stand der Technik, mit dreidimensionalen Berechnungsmodellen (3D) zu arbeiten. In einem solchen Berechnungsmodell werden akustisch relevante Gebäude (diese wirken einerseits schallabschirmend aber auch schallreflektierend) oder sonstige Hindernisse (z. B. Baustellencontainer), bei Bedarf aber auch Geländetopographien integriert, um eine möglichst realitätsnahe Schallausbreitungssituation zu erhalten.
Als Eingangsgrößen werden Angaben zu den akustisch relevanten Baumaschinen bzw. –verfahren benötigt. Quelle solcher Angaben können Literatur (siehe Kapitel 8), Herstellerunterlagen aber auch eigens durchzuführende Messungen an vergleichbaren Baumaschinen oder -verfahren sein.
Eine weitere Eingangsgröße ist die durchschnittliche tägliche Betriebsdauer von der jeweiligen Maschine sowie die zu erwartende Gesamtdauer des Bauverfahrens. Letzteres spielt bei der Beurteilung eine wichtige Rolle. Eine deutliche Überschreitung der Immissionsrichtwerte über nur wenige Tage ist eher zumutbar als die gleiche Überschreitung über mehrere Wochen spielt.
Bei der Berechnung werden üblicherweise die akustisch relevanten Bauphasen separat betrachtet.
Hierzu zählen z. B.:
- Baufeldfreimachung,
- Abbrucharbeiten,
- Erdbaubauarbeiten,
- Herstellung der Baugrube,
- Herstellung der Gründung,
- Herstellung des Rohbaus,
- Herstellung der Fassade.
Weitere Bauphasen können im Einzelfall ebenfalls bezüglich ihrer Lärmentwicklung beachtenswert sein, z. B.:
- Montage von Fassadenelementen,
- Herstellen von Freiflächen,
- Herstellen von Verkehrswegen.
In einem ersten Rechendurchgang wird die Ausgangssituation ermittelt (siehe Abbildung 4), d. h. es werden noch keine besonderen Minderungsmaßnahmen unterstellt. Die Berechnungsergebnisse ermöglichen es, die Geräuschquellen mit dem höchsten Beitrag zu identifizieren. Hier würden sich besondere Minderungsmaßnahmen am stärksten auswirken. Wenn jedoch nicht sichergestellt ist, dass an den dominanten Quellen Maßnahmen sinnvoll ergriffen werden können, können Maßnahmen auch an anderen Quellen ansetzen. Die Vorauswahl möglicher Minderungsmaßnahmen (vgl. Kapitel 6) erfolgt unter Verantwortung des Bauherrn gemeinsam mit einer fachlich qualifizierten Person im Hinblick auf die jeweiligen Bauverfahren und dem Akustiker, der die Baulärmprognose letztlich erstellt.
Die vorausgewählten Minderungsansätze werden in zumindest einem weiteren Rechendurchgang (meist sind es aber mehrere, bis man eine sinnvolle Lösung gefunden hat) in ihren Auswirkungen untersucht (siehe Abbildung 5) und dokumentiert. Durch den Vorher-Nachher-Vergleich zeigt sich die Wirkung von Minderungsmaßnahmen.
Erst durch den Nachweis, dass vermeidbarer Lärm durch entsprechende Maßnahmen auch vermieden wird, können Geräuschbelastungen, die über den Immissionsrichtwerten der AVV Baulärm liegen, für den betroffenen Anwohner als zumutbar eingestuft werden (siehe Kapitel 4).
Wer führt Baulärmprognosen durch?
Um Baulärmprognosen sachgerecht zu erstellen und im Ergebnis zu beurteilen, bedarf es, unabhängig von der Bereitstellung der Eingangsdaten zu Baumaschinen und -verfahren, einer entsprechenden Fachkenntnis und Erfahrung. Fällt eine Prognose zu positiv aus, wird der Bauherr in falscher Sicherheit gewogen. Fällt sie zu negativ aus, werden Maßnahmen daraus abgeleitet, die gar nicht erforderlich wären.
Baulärmprognosen erstellen in der Regel entsprechend ausgerüstete akustische Beratungsbüros. Akustikbüros, die ihre Kompetenz in Baulärmfragen speziell extern überprüfen ließen, können dies durch das Logo der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) nach außen hin dokumentieren. Akkreditierte Büros findet man unter www.dakks.de.
Auch Akustikbüros, die als zugelassene Stelle nach § 29b BImSchG bekannt gegeben wurden, lassen eine entsprechende Kompetenz erwarten, auch wenn bei einer § 29b-Bekanntgabe das Thema Baulärm keine unmittelbare Rolle spielt.